Vorlesung im Exil
3. Juni 2010 | Von Susanne | Kategorie: Berichte | Letzte Änderung: 3. Juni 2010 um 21:28 UhrVon Tobias Drever
„Wenn das Land Schleswig-Holstein uns nicht mehr will, dann gehen wir eben nach Mecklenburg ins Exil!“ Dies war das Motto der Vorlesungen Biochemie und Physiologie, die am Mittwoch, den 02. Juni nicht wie gewohnt im Hörsaal, sondern auf der schönen Freilichtbühne in Schönberg (Mecklenburg-Vorpommern) stattfanden. Fast 150 Studenten der Studiengänge Medizin und MLS aus dem 4. Semester folgten dem Aufruf des Biochemikers Prof. Rolf Hilgenfeld in die 30 Kilometer von Lübeck entfernte Stadt. Sehr gerne stelle Schönberg die Freilichtbühne zur Verfügung, betonte der Bürgermeister der Stadt Lutz Götze in seiner Begrüßungsansprache. Auch in Mecklenburg-Vorpommern müsse gespart werden, allerdings dürfe das nie an der falschen Stelle geschehen, so der Bürgermeister. Und Bildung sei der falsche Ansatz zum Sparen!
Nach dieser Ansprache folgte eine kurze Erläuterung der Problematik durch Prof. Hilgenfeld, der noch einmal betonte, wie wichtig die Medizinische Fakultät nicht nur für die Uni, sondern auch für Lübeck und das Umland ist.
Anschließend gelang es dem Physiologie-Dozenten Prof. Cor de Wit, nur mit einem Megaphon „bewaffnet“, die komplizierten Zusammenhänge der Kreislaufregulation anschaulich zu vermitteln. Hierbei gelang es ihm eindrucksvoll, einige Zusammenhänge zwischen dem Protest der Hochschulangehörigen und dem Kreislauf herzustellen: So stellte er klar, dass im Körper zuerst die Teile mit Blut versorgt werden, die wichtig sind, nämlich das Gehirn und das Herz. Sollte dies einmal nicht der Fall sein – so wie in der Überlegung der Landesregierung, den Medizinstandort Lübeck zu schließen – so ist das Herz in der Lage, Druck zu erzeugen, um die Situation zu verbessern. Und dies ist genau das, was wir tun: Druck erzeugen, um die Landesregierung davon abzuhalten, das Gehirn völlig von der Versorgung abzuschneiden.
Im Anschluss an diese sehr beeindruckenden Worte folgte in der zweiten Vorlesungsstunde ein Vortrag von Prof. Hilgenfeld über den Zusammenhang zwischen viralen Infektionskrankheiten und dem Klimawandel, in dem er an verschiedenen Beispielen die zum Teil dramatischen Verhältnisse darstellte.
Im Anschluss an die Vorlesungen gab es dann noch ein kleines Mittagessen in Form eines Eintopfes, bevor es mit Auto, Bahn oder in einem der gemieteten Busse zurück in die Heimat ging. Denn so schön es auf der Freilichtbühne auch war, eine gute Biochemie- oder Physiologievorlesung konnte dadurch nicht ersetzt werden.
Vielen Dank nochmal an Rolf Hilgenfeld, auf dessen Betreiben diese Aktion stattgefunden hat.